Interview mit Dr. Samuel Okae

Dr. Samuel Okae

Dr. Okae, Sie sind selbst in Ghana aufgewachsen und erst nach dem Abitur nach Deutschland gekommen. Wie haben Sie Ihre Jugend in Ghana erlebt?

Ich hatte eine behütete Kindheit in Tamale in Ghana und bin dort als Sohn einer Geschäftsfrau und eines Wirtschaftsprüfers aufgewachsen, zusammen mit vier Schwestern und einem Bruder.

Hatten Sie persönliche Erfahrungen mit Kranken­häusern in Ghana? Wie war die Behandlung aus Ihrer Sicht?

Zur damaligen und auch noch zur heutigen Zeit sind ghanaische Krankenhäuser total überfüllt. Die Ärmsten sterben zuerst. Kinder und Frauen sterben während der Geburt, weil z.B. ein Ultraschallgerät fehlt. 33% der Kinder unter fünf Jahren erliegen Malaria, obwohl diese Krankheit behandelbar ist.
Wir werden eine eigene Krankenhausapotheke betreiben, um sicherzustellen, dass keine wirkungslosen Medikamente ausgegeben werden.

Wie funktioniert das Gesundheitssystem in Ghana aktuell? Was sind die Unterschiede zu dem, was wir aus Deutschland kennen?

Es gilt das Prinzip „Cash and carry“: Erst Bezahlung, dann Behandlung. Die Patienten könnten auch alles bar zahlen. Nur 25% der Besserverdienenden haben eine Krankenversicherung. Die arme Bevölkerung sucht erst kurz bevor es zu spät ist eine Klinik auf und wird oftmals abgewiesen. Viele Kinder versterben bei ihren Eltern.

Wieso haben Sie beschlossen, Medizin zu studieren und was bedeutet es für Sie, als Arzt tätig zu sein?

Laut meiner Mutter wollte ich schon als kleiner Junge Arzt werden und
habe kranken Menschen auf eine kindliche Art helfen wollen, gesund zu werden.

Was den Stein für das Projekt ins Rollen gebracht hat, war ein Malariaprojekt, das Sie begleitet haben. Welche Defizite sind Ihnen dort begegnet?

Ein kleines Kind, dessen Eltern sich eine medizinische Versorgung nicht leisten konnten, wurde nicht aus der Klinik entlassen bis der Betrag komplett bezahlt wurde. Das Kind wurde in dieser Zeit vielen gravierenden Infektionen ausgesetzt. So kann es passieren, dass ein Kind von Malaria geheilt, aber mit Tuberkulose infiziert wird.

So ein Krankenhausbau ist ein wahres Mammutprojekt. Wie sahen die ersten Schritte aus?

Arbeiten, sparen, arbeiten, sparen und das Grundstück kaufen.

Was sind für Sie die größten Herausforderungen beim Bau des Krankenhauses?

Der weitere Baufortschritt hängt zum großen Teil vom Spendenaufkommen ab. Dadurch haben wir nie Planungssicherheit. Dazu kommt die große räumliche Entfernung zur Baustelle.

Wie sind die Reaktionen der Bevölkerung vor Ort? Erhalten Sie auch Unterstützung vor Ort?

Die Bevölkerung freut sich auf das Krankenhaus. Zudem hat sich um das ehemals einsame Gelände eine komplette Infrastruktur gebildet, da z.B. Strom in diesem Bereich konstanter verfügbar sein wird, auch wenn er immer noch täglich mehrfach ausfällt.

Erhalten Sie Unterstützung von der lokalen Regierung? Würden Sie sich mehr Unterstützung vom Gesundheitsministerium wünschen?

Leider erst, wenn das Krankenhaus in Betrieb ist. Die Regierung hat uns aber bereits ein wohlwollendes Zertifikat ausgestellt.

Das Krankenhaus soll sich nach Fertigstellung selbst tragen. Wie funktioniert das Prinzip Solidaritätsmedizin?

Schauen Sie sich dafür gerne die ausführliche Erläuterung im Video an.
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Aktuell gehen die wohlhabenderen Leute ins Ausland, um sich behandeln zu lassen. Wie wollen sie diese überzeugen, doch wieder ins ghanaische Gesundheitssystem zu vertrauen?

Unser Solidaritätskrankenhaus wird nach europäischem Standard arbeiten
und überzeugt durch einen hohen Hygienestandard, europäische Mülltrennung sowie ein Besuchersystem im Verhältnis 1:1. Jeder Patient kann nur eine Begleitperson mit ins Krankenhaus bringen. Dies erhöht die Hygiene außerordentlich und reduziert das Müllaufkommen immens. In anderen Krankenhäusern schlafen Angehörige teils auf den Gängen. Das wird es bei uns nicht geben.

Hoffen Sie, dass Ihr Projekt weitere Personen dazu motiviert, das Gesundheitssystem in Ghana auszubauen?

Es wäre wünschenswert. Mit Gewissheit wird es gute ghanaische Fachärzte und Krankenschwestern dazu verleiten, aus dem Ausland zurück nach Ghana zu kommen, um in unserem neuen Krankenhaus für uns zu arbeiten.

Was machen Sie als erstes, wenn das Krankenhaus fertig ist?

Ich behandele die Kinder!

14. Stand es für Sie von Anfang an fest, dass Sie auch selbst wieder dorthin ziehen?

Ja, das stand für meine Familie und für mich immer fest.